von Dorina Gumm

Die TH Lübeck ist ausgesprochen stark in der digitalen Lehre: sie bietet seit ca. 20 Jahren Online-Studiengänge an und hat zum Sommersemester 2020 aufgrund der Corona-Pandemie auch die Präsenzlehre innerhalb von Tagen auf digitale Formate umgestellt. Digitalisierung bedeutet für die Hochschullehre aber nicht nur methodische und technische Neuerungen – ganz wesentlich ist auch die
Frage, welche Inhalte vermittelt und zu welchen Kompetenzen Studierende (in Technik-zentrierten Studiengängen) geleitet werden sollten. Geht es um Medienkompetenz, Informationskompetenz, Digitalkompetenz, gesellschaftliche Verantwortung?
Es geht um all diese und weitere Kompetenzen, denn digitale Technologien – deren Gestalter:innen unsere Studierende werden – können demokratische Grundsätze infrage stellen, zu neuen Aushandlungen von Wertvorstellungen führen und Gesetzgebungen erschweren, weil hierfür neben juristischem nun auch zunehmend technisches Verständnis erforderlich ist.
Wir sollten uns daher fragen: Wie bekommen wir junge Menschen dazu, Technologien und den Status Quo zu hinterfragen? Mit welchen Mechanismen können sie aktuelle technische Entwicklungen reflektieren, kritisch hinterfragen, sich eine Meinung bilden UND gestalten?
Wir adressieren diese und weitere Kompetenzen mit dem Begriff „Digitale Mündigkeit“. Digitale Mündigkeit bedeutet in der Lage zu sein, aktuelle technologische Entwicklungen bezüglich ihrer Chancen, aber auch ihrer Risiken sowie ihrer Auswirkungen auf unseren (gesamtgesellschaftlichen) Alltag oder unser Handeln einzuschätzen und diese verantwortungsvoll für sich und andere zu nutzen.
Das Modul „Digital Impact“ ist eine Antwort auf diese Herausforderung. Es ist im Master-Studiengang „Informatik/Softwaretechnik für verteilte Systeme“ verankert und kann in anderen Studiengängen als Wahlfach belegt werden.
Kurzbeschreibung des Master-Moduls „Digital Impact“
Wir sind Zeitzeugen und Gestalter:innen einer „digitalen Transformation“ unseres Alltags, unserer Gesellschaft und unserer Politik. Freiheit und Kontrolle, Demokratisierung und Kommerzialisierung, Transparenz und Verschlüsselung sind Grundbegriffe der Diskussionen, die unsere Zukunft bestimmen.
Die Veränderungen konkretisieren sich in Themen wie z.B. Fake News und Social Bots, Gesetzgebungen zu Vorratsdaten oder BND, Datenschutz, Privatsphäre, Smart Homes oder auch Datenjournalismus, „Demokratisierung der Produktion“ durch 3D-Druck, Veränderungen von Unternehmenskonzepten (z.B. Uber, AirBnB), jetzt aktuell Tracing-Apps u.v.m.
In dem neu entwickelten Master-Modul „Digital Impact“ werden diese Entwicklungen beleuchtet, um eine Brücke zu schlagen zwischen den Fragen:
- Welche technologischen Konzepte stecken hinter aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen und Prozessen?
- Welche gesellschaftlichen und politischen Fragen ergeben sich aus den aktuellen technologischen Entwicklungen?
- Welche Zielvorstellungen können wir für eine digitalisierte Welt entwickeln?
Ziel des Moduls ist einerseits, die digitale Mündigkeit zu fördern. Dazu gehört,
Informationskompetenz aufzubauen, indem zu selbstgewählten Themen recherchiert, Technologie-Wissen aufgebaut gesellschaftliche Diskussionen anhand von verschiedenen Kriterien untersucht werden. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung eigener Zielvorstellungen, um Handlungsspielräume zu erkennen, und das eigene Gestaltungspotential auszuloten. So können sich die Studierenden mit dem „Digital Impact“ auseinandersetzen: Wie digitale Technologien uns als Individuen und Gesellschaft beeinflussen, unseren Alltag gestalten, uns Grenzen
setzen und Handlungsspielräume eröffnen. Wie aber auch wir Menschen – die Studierenden – unsere Technik beeinflussen können, indem wir gestaltend eingreifen, eigene Visionen der digitalisierten Welt entwickeln.
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Über die Autorin
Dorina Gumm ist Professorin für Web Information Systems an der TH Lübeck, Fachbereich Elektrotechnik und Informatik. Sie lehrt hauptsächlich in den Gebieten Webtechnologien, IT-Sicherheit und Digitaler Selbstschutz. An ihrem Fachbereich ist sie Beauftragte für Digitalisierung und Lehre, Studiengangsleiterin für die Studiengänge Medieninformatik Online (B.Sc. und M.Sc) sowie ITSicherheit
Online (B.Sc.), den sie maßgeblich mitentwickelt hat und arbeitet in der Fachgruppe ITSicherheit mit.
Mit dem Thema Digitale Mündigkeit sowie Digitalisierung und Lehre befasst sich Dorina Gumm seit vielen Jahren. Sie arbeitet ehrenamtlich im Projekt „Chaos macht Schule“ des Chaos Computer Clubs, hat mit Kollegen aus diesem Projekt eine Stellungnahme zur Umsetzung des Digitalpakts in Hessen geschrieben und Talks zu Digital-Bildung an Schule (Bildung auf dem Weg ins Neuland und Zwischen Technikbegeisterung und kritischer Reflexion: Chaos macht Schule) gehalten.
Über mehrere Semester hat sie das Modul „Digital Impact“ als Wahlpflichtfach für
Bachelorstudiengänge erprobt und daraus das Master-Modul entwickelt.
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